„Ich habe gemerkt, dass es sich lohnt zu kämpfen“

Hamburgs Bundesstützpunkttrainer Ben Caldwell führte zum Abschluss ihrer erfolgreichen Zeit in Hamburg ein Interview mit Stine Küspert. Dabei beschreibt Stine ihren Werdegang von Bremen über das Landesleistungszentrum Hamburg bis zu ihrer Nominierung an den Olympiastützpunkt in Saarbrücken.

 

Herzlichen Glückwunsch und viel Glück beim Umzug nach Saarbrücken und beim Trainieren mit der A-Nationalmannschaft. Wir freuen uns sehr für dich und deinen Erfolg und werden dich mit großem Interesse in den nächsten Jahren verfolgen. Wir möchten einen Eindruck bekommen, wie es auf deiner Reise bis zu diesem Punkt aussah und wie es dazu gekommen ist, dass du in Saarbrücken angenommen worden bist.

Wie lange hast du in Hamburg am Stützpunkt trainiert?

Ich bin seit acht Jahren in Hamburg, davon seit sieben Jahren an der Eliteschule des Sports.

Du kommst aus Bremen. Wie hast du von der Eliteschule des Sports und dem System hier in Hamburg erfahren und wann hast du angefangen hier zu trainieren?

Ja, ich komme aus Bremen. Ich habe damals am Talentteam-Deutschland U13-Lehrgang teilgenommen und bei diesem Lehrgang haben meine Eltern mit den Trainern gesprochen, ob es für mich eine Möglichkeit gibt, hier in Hamburg am Landesleitungsstützpunkt zu trainieren. Ein paar Monate später habe ich dann angefangen, einmal die Woche hier zu trainieren. 

Bist du dann direkt zur Schule und ins Internat gezogen?

Ich war in Bremen gleichzeitig noch beim Leichtathletik-Training und musste mich dann nach einem halben Jahr entscheiden, ob ich lieber weiter machen möchte oder ob ich wieder zurück nach Bremen gehe. Ich entschied mich aber dafür, nach Hamburg zu gehen und deshalb wechselte ich im Sommer 2012 an die Eliteschule des Sports. Zu Beginn war der Internatsplatz keine Option für mich, deshalb fing ich an jeden Morgen und Abend zwischen Bremen und Hamburg zu pendeln.

Was hat dich dazu inspiriert dich für Badminton zu entscheiden und nach Hamburg zu ziehen?

Ich wollte mich verbessern und habe gesehen, dass das in Hamburg die Möglichkeit war. Hier hatte ich sehr gute Trainingsbedingungen. Ich hatte viele andere Spieler, mit denen ich gut trainieren konnte.

Dann hast du angefangen in Hamburg zu trainieren und jeden Tag von Bremen nach Hamburg zu pendeln. Das ist eine große Verpflichtung. Zu welchem Zeitpunkt hast du es geschafft, einen Internatsplatz zu bekommen?

Nach eineinhalb Jahren gab es dann die Möglichkeit, ins Internat zu ziehen. Diese Chance ergriff ich. Mein Trainingsumfang sollte sich erhöhen und da es auf Dauer einfach schwieriger werden würde, wenn ich weiter gependelt wäre, habe ich mich dazu entschieden, ins Internat zu ziehen.

Wie alt warst du, als du ins Internat gezogen bist und war es eine große Umstellung?

Ich war 14 Jahre alt und am Anfang hatte ich jede Menge Bedenken, ob ich das schaffen werde, ob ich mich wohlfühlen werde oder auch ob ich schon ohne meine Eltern leben konnte und wollte. Ich bin am Anfang in ein Doppelzimmer gekommen und meine Zimmerpartnerin war älter als ich. Wir haben uns sehr gut verstanden, sie wurde für mich zu meiner großen Schwester in Hamburg. 

Hast Du es je bereut ins Internat und so weit weg von zu Hause, in so einem jungen Alter zu ziehen?I

Ich bereue meine Entscheidung überhaupt nicht. Ich bin mir aber sicher, dass jeder Sportler, genauso wie ich, mal Phasen hat, in denen er nicht weiß, ob es das Richtige für ihn ist. Aber ich habe mir immer gesagt, dass mir dieses Erlebnis keiner mehr nehmen kann und ich dadurch auch schon sehr viel gelernt habe.

Das ist großartig! Wie hast du es hinbekommen, deine Hausaufgaben und Training und das Reisen zu Turnieren unter einen Hut zu bekommen?

Die Eliteschule des Sports unterstützt einen so viel sie kann. Wenn die Kommunikation zwischen den Lehrern und dem einzelnen Schüler stimmt, versucht jeder Lehrer, einem zu helfen. Ich habe es nie erlebt, dass die Schule mich hängen gelassen hat, wir haben immer versucht, gemeinsam Wege zu finden. In der Oberstufenzeit wurde meine Abwesenheit im Unterricht mehr und mehr. Ich habe dann angefangen viel mit meinen Lehrern darüber zu reden, wann ich da bin und wann ich weg bin, um mir nicht unnötigen Stress auf zu bürden. 

Als du zum Beispiel bei den Jugendeuropa- und Jugendweltmeisterschaften warst, war es möglich für eine Weile nicht in der Schule zu sein und trotzdem weiterhin erfolgreich in der Schule zu sein? Oder hast du Probleme gehabt, weil du so viel gereist bist?

Die Eliteschule des Sports möchte, dass man erfolgreich ist. Sie versucht dabei das Konstrukt der Schule bestmöglich anzupassen. Es gibt ein Online-Portal, wo der Lehrstoff hochgeladen wird, dass egal wo der Schüler gerade ist, er Zugriff auf das Unterrichtsmaterial hat. Das ermöglicht selbst bei längerer Abwesenheit, das auf dem Laufenden bleiben des Schulstoffes.

Wie hast du es geschafft bei all diesem Training und Wettkämpfen fit zu bleiben und Verletzungen zu vermeiden?

Das Training ist darauf abgestimmt, seine Regenerationsphasen zu haben. Das heißt nicht, dass der Körper nicht kaputt ist, aber ich hatte z.B. jede Woche Physio, die mir bei akuten Schmerzen oder mir präventiv bei körperlichen Problemen geholfen hat. Bei jedem Sportler ist es etwas unterschiedlich, was einem besser beim Regenerieren hilft. Ich bin auch einmal die Woche zum Yoga gegangen, da mir das viel Entspannung (mental aber auch körperlich) gebracht hat. Ich war danach viel weniger verletzungsanfällig.

In die Zukunft schauend, du ziehst am Samstag nach Saarbrücken. Kannst du uns kurz erzählen, wie du dich gefühlt hast, als du angenommen worden bist, mit der A- Nationalmannschaft zu trainieren. Ich denke mal, dass du dich sehr gefreut hast.

Das Jahr davor war ich mir nie sicher, ob ich es schaffen werde nach Saarbrücken zu kommen. Ich wollte es stets. Die letzten eineinhalb Jahre, die ich in Hamburg war, war ich bereits raus aus der Jugend und hatte zu Beginn nicht einmal eine Doppelpartnerin, was es mir sehr schwer machte daran zu glauben, dass ich es schaffen werde. Aber ich habe die Situation so angenommen und am Anfang mit unterschiedlichen Doppelpartnern gespielt. Ich konnte gute Ergebnisse erreichen und so auf mich aufmerksam machen. Die Trainer haben mir dann bei der Deutschen Meisterschaft im Februar erzählt, dass ich diesen Sommer nach Saarbrücken kommen darf und das hat mich sehr glücklich gemacht und ich habe da für mich gemerkt, dass es sich lohnt zu kämpfen, auch wenn es am Anfang nicht so positiv aussieht!

Welchen Rat würdest du anderen jungen Spielern geben, die sich auch überlegen Badminton zu spielen und nach Hamburg zu ziehen um hier zu trainieren?

Probiert es aus!! Ich kann es nur empfehlen, mir hat es so viel gebracht, sonst würde ich nicht da stehen wo ich jetzt stehe. Und kämpft für das, was ihr wollt!!

Vielen Dank, Stine